Golfplätze gibt es in Portugal jede Menge. Allein die
Algarve-Küste ist derart mit ihnen bestückt, dass sich einer an den
anderen zu reihen scheint. Und ein Stück westlich von Lissabon
ballen sie sich dermaßen zusammen, dass sie auf kleinen Karten zu
einem großen grünen Klecks verschwimmen. Wenn man aus dieser großen
Masse einen bestimmten Parcours auserwählt, so muss er schon etwas
Besonderes an sich haben, nicht wahr?
Ganz
recht. Im Grunde war es zunächst nur der Name, der mich mit einer
gewissen Spannung füllte: Troia. Das ist die portugiesische
Schreibweise von Troja, der berühmten Ausgrabungsstätte in der
heutigen Türkei, und das klang interessant.
Auch die Lage Troias ist ungewöhnlich: Auf einer Halbinsel südlich
von Setubal, Portugals größtem Tankerhafen und Werftenstandort. Ich
sah den Golfplatz Troia schon im Schatten von Rauchfahnen und
übertönt von industriellem Lärm.
Doch ich wurde auf das Angenehmste
überrascht...
Setubal liegt eine
Autostunde südlich von Lissabon und wird gewöhnlich über die
spektakuläre Vasco da Gama-Brücke erreicht.
Die Stadt liegt am Sado, einem tief eingeschnittenen Meeresarm,
dessen Name aber nichts mit dem Marquis de Sade zu tun hat. Auch
weist Setubal keinerlei Verschmutzung auf, die man gemeinhin mit
einem großen Hafen in Verbindung bringt, sondern das Wasser lädt
eher zu einem spontanen Bad.
Die Stadt Setubal ist, man kann es nicht anders nennen, hübsch und
gar nicht industriegrau. Ihre Tank- und Werftanlagen liegen ohnehin
weit im Hinterland, und das Nordufer des Sado bietet sich so dicht
bewaldet und grün dar, dass man sich unwiderstehlich zum
Ferienmachen in diesen Gefilden veranlasst fühlt.
Troia nimmt die Landzunge auf der Südseite ein; Fähren setzen alle
paar Minuten hinüber. Aber wo ist der Ort überhaupt? Eine Handvoll
klobiger Hochhäuser erhebt sich aus einer einsamen Strand- und
Heidelandschaft; nur ein oder zwei scheinen bewohnt zu sein, und
ansonsten bewegt sich nichts in Troia.
Der Golfplatz liegt vier Kilometer weiter südlich, wo es noch
einsamer wird, und man gewinnt sofort den Eindruck, dass der
ruhmreiche Robert Trent Jones, nach dessen Plänen er 1980 entstand,
hier einen veritablen Retreat an eine Küste gesetzt hat, die den
Gestaden der Ostsee an ihren schönsten Stellen verblüffend ähnlich
sieht:
Etwas
für Sand-, Strand- und Naturliebhaber, für Ruhesucher und Genießer.
Unter den 100 schönsten Plätzen Europas wurde Troia 2001 als Nr. 30
auserwählt – immerhin.
In der Tat zieht ich die 6329 m lange Range (Par 72) mit ihren 18
Löchern so gelungen angepasst durch die Dünen- und Heidelandschaft,
dass man zumeist kaum erkennt, wo Natur aufhört und Golf beginnt,
zumal reicher Wildpflanzenwuchs, von einem angrenzenden
Naturschutzgebiet unmittelbar übergreifend, große Teile der Anlage
bedeckt. Der viele Sand eignet sich, wie anders, vorzüglich für
diverse Großbunker, eine Vorliebe des Architekten, aber oft ist
solch ein scheinbarer Bunker eine ganz natürliche Senke in den
Dünen.
Auch auf den
Verbindungswegen geht es sehr sandig zu; der Autor fuhr sich prompt
fest und musste seinen Buggy ausbuddeln. Alles in allem ist Troia,
nicht zuletzt wegen des vielen Sandes und der schmalen Bahnen, ein
nicht ganz leicht zu spielender Platz, in den zudem die Seebrise
mitunter kräftig hineinpfeift und auf dem nach relativ handlichen
Anfängen „das Finish plötzlich zwischen den Pinien in Erscheinung
tritt und den Spieler bei der Kehle packt“ – so ein britischer Pro.
Gute Unterkunft mit ganz interessanten Golfer-Packages gibt es in
Troia; man muss also nicht jeden Tag nach Lissabon zurück und dort
mit Stau- und Parkproblemen ringen.
Das atlantische
Wasser und jenes des südlichen Sado sind blitzsauber; man kann sogar
direkt am Fähranleger baden. Bleibt nur noch zu klären, weshalb das
Örtchen Troia heißt. Es scheint, dass die Römer, welche die
Halbinsel bereits sehr attraktiv fanden und dort eine
Fischverarbeitungsstätte einrichteten, Parallelen zu griechischem
Sagengut entdeckten und einen Punkt an der Sado-Küste danach
benannten. Dort befinden sich auch noch ein paar Ruinen einer
römischen Siedlung namens Cetobriga, deren Name offenbar für Setubal
Pate stand. Jede Menge Geschichte und Natur also, eine gelungene
Mischung. Dort macht das Golfspiel Spaß – wenn es auch nicht ganz
billig ist.
Weitere Infos:
www.troiagolf.com
Email troiagolf@sonae.pt.
Text und Fotos von Roland Hanewald
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