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GG Hanau Wilhelmsbad:
Ein Schmuckkästchen in alter Fasanerie von Karl
Es gibt nicht viele Golfplätze in Deutschland, die so zentral und trotzdem abgeschieden gelegen sind wie die Anlage des GC Hanau. Dies ist dem Grafen Johann Reinhard III. zu verdanken, der 1713 in einer Entfernung von ein paar Minuten mit der Pferdekutsche von seinem Schloss Philippsruhe entfernt eine Fasanarie anlegen lies. Hier entstand nach dem zweiten Weltkrieg der Golfplatz. 1998 wurde der Club 40 Jahre alt. Vierzig Jahre Golfplatz sind eine kurze Zeit im Vergleich zu der ihn umschließenden Mauer, die zwar schon über 250 Jahre alt, aber immer noch stabil genug ist, die Anlage als ein idyllisches Refugium für die Hanauer Golfer und ihre Gäste zu erhalten.
Eigentümer des Platzes ist die Hessische Hausstiftung durch testamentarische Verfügung des 1989 verstorbene Prinz Wolfgang von Hessen. Auf Anregung des Generaldirektors der in Hanau ansässigen Firma Dunlop, L. J. W. Bailey, ließ Prinz Wolfgang 1958/59 von dem Kronberger Golflehrer Ernst Kothe in der Fasanerie einen Golfplatz bauen.
Kothe hatte vier Jahre vorher bereits in dem Park rund um das Kronberger Schloss einen Golfplatz geplant und gebaut, offensichtlich zur Zufriedenheit de Prinzen.
Der Platz Die offizielle Eröffnung in Hanau fand am 24. Mai 1959 statt. Prinzessin Ottilie schlug den von der Firma Dunlop präparierten goldenen Ball nach Augenzeugenberichten kerzengerade in Richtung des ersten Grüns. Seit dieser Zeit fanden in der Wilhelmsbader Anlage viele wichtige Golfturniere statt und es traf sich hier die Prominenz aus Politik und Wirtschaft, aus Kultur und Sport zu entspannendem Spiel oder zu harten Wettkämpfen.
Seit 1962 wurden auf dem Platz 13 Mal die deutschen Golflehrermeisterschaften ausgetragen. Tausend Mark war damals das Preisgeld für den Gewinner und die Platzierten bis Rang 18 erhielten einhundert Mark!
Heinz Fehring, Willy Hoffmann und Wolfgang Jersombeck gehörten zu den Siegern. 1975 gab hier Bernhard Langer sein Debüt und landete auf Rang 16. Fünf Jahre später kam er zum “Henkell-Pokal” wieder nach Hanau und belegte hinter Karl-Heinz Gögele den 2. Platz, aber in den vier Jahren, in denen Hanau Schauplatz des “Amexco-Pokals”, also der Nationalen Offenen Meisterschaften von Deutschland war (1987 bis 1990), hieß der Sieger immer Bernhard Langer. Sein heutiger Kronprinz, Alexander Cejka, lernte hier den Umgang mit Hölzern, Eisen und dem Putter und verließ den Club erst 1989 um Playing Pro zu werden.
Ob Profis, Spitzenamateure oder auch nur einfache Wochenendgolfer – alle sind begeistert von der 74 Hektar-Anlage in der alten Fasanerie. Hoher Baumbestand umsäumt die Spielbahnen, einige Seen und Bäche machen das Spielen auch nicht gerade leichter. Der Platz (Bild links, der Eingangsbereich) ist aber vollkommen eben, was die Spielerinnen und Spieler immer mehr zu schätzen lernen, je älter sie werden.
“Der Platz ist eigentlich ganz leicht,” meinte ein Teilnehmer an den Deutschen Seniorenmeisterschaften im Jahre 2000. Er hätte sich das Urteil bis nach der letzten Runde aufheben sollen, denn er kam im Finale zweimal vom rechten Wege ab, gleichbedeutend mit zwei Ballverlusten, was ihn einen Platz “auf dem Treppchen” kostete.
Nicht umsonst wurde die Anlage beim Courserating mit CR 74,5, Slope 134 und Par 73 für die Herren und CR 72,5, Slope 132 und Par 73 für die Damen als sehr schwer eingestuft.
Den Platzrekord hält Manuel Kempe vom GC Neuhof mit 66 Schlägen, aufgestellt am 11. Juni 1998 mit acht Birdie und einem Bogey bei neun Pars. Verbessern können hätte ihn der Europameister der Senioren, Hansi Giesen, bei den Nationalen Meisterschaften, als er mit fünf Birdies auf den ersten neun Löchern startete und dann auch weitere Birdies einstreute, ehe er mit einem leichsinnigen Tripplebogey sich selbst um die Rekordchance brachte.
Der wohl beste Schlag auf der Anlage gelang 1990 Sven Strüver, damals noch Amateur, ‘als ihm auf der 486 Meter langen 18. Spielbahn ein “Albatros” gelang. Das gleiche Kunststück schaffte am 13. Mai 2001 Stefan Sachs aus Kassel auf der mit 448 Metern allerdings wesentlich kürzeren 15. Spielbahn. Man erkennt einen interessanten Golfplatz daran, dass jedes Loch einen eigenen Charakter hat. Dies ist in Hanau zweifellos der Fall.
Die Bahn 1, (Par 4) ist mit 259 Metern für die Herren und 236 m (Bild links hinter dem Puttinggrün) für die Damen ein kurzes, daher ideales Startloch. Langer schlug immer ein Eisen 4, um dann mit einem vollen Sandwedge die Fahne anzugreifen. Aber für schwächere Spieler ist Vorsicht geboten, denn links vor dem Grün erschwert ein See die Annäherung.
Auf der 2. Spielbahn (Par 4 bei 309 bzw. 278 m) drohen beim Abschlag links ein Bach und rechts mächtige Trauerweiden (Bild rechts, Blick zum Abschlag 2) Auch die Annäherung ist nicht leicht, da das Grün ebenfalls durch einen See auf der linken und einen Bunker auf der rechten Seite verteidigt wird.
Auf der Bahn 3, ein mit 162 bzw, 138 Metern mittellanges Par 3, ist es wichtig, die zwischen zwei Bunkern gelegene “Einflugschneise” zu treffen, es sei denn, man kann den Ball carry auf das Grün schlagen.
Bahn 4, ein Par 5, ist mit seinen 419m für die Herren und 378 m für die Damen trotz eines Doglegs nach links das leichteste, zuminderst auf der ersten Hälfte. Gute Spieler erhoffen sich ein Eagle, mittlere Handicaper erwarten ein Birdie und auch schwächere Golfer haben eine gute Chance, hier unter Par zu bleiben. Voraussetzung ist allerdings, dass der Drive auf der rechten Seite des Fairways landet. Der Pütt dürfte auch nicht sehr schwer sein, da das Grün leicht zu lesen ist.
Die Bahn 5, ein Par 4 von 319 bzw. 288 Metern, ist schwerer als es nach seiner Vorgabe von 13 den Anschein hat. Die Bahn ist eng, also Vorsicht beim Abschlag ! Doch wenn der auf dem Fairway gelandet ist, kann man das etwas erhöhte Grün mit einem mittleren Eisen oder einem kleinen Holz erreichen. Nun folgen die schwereren Löcher der ersten Hälfte.
Den Auftakt bildet die Bahn 6, ein Par 3, an dem bei einer Länge von 180/160 Metern die guten Spieler auch schon einmal zu einem Holz greifen. Wer dem auf der linken Grünseite platzierten Bunker auszuweichen versucht, läuft Gefahr, rechts in den Baumkronen zu landen. Jeder Spieler und jede Spielerin sollten sich vor dem Abschlag noch einmal genau überlegen, ob ein direkter Angriff wirklich ratsam ist. Das längste Par 5, das bei den US Open je gespielt wurde (Tusla/Oklahoma}, war 587 Meter lang.
Die Bahn 7 in Hanau kann da mit 558 Metern (Damen 483 m) fast Schritt halten. Man muss schon einen langen Ball schlagen können^ will man mit drei Schlägen das Grün erreichen. Hans Peter Thül pflegte hier immer nur mit dem Eisen 1 abzuschlagen, um hinter der Biegung nach links zu landen, denn die Schneise ist recht eng und die mächtigen, auf das Fairway ragenden Eichen, bestrafen jeden Richtungsfehler. Beim zweiten Schlag kann man schon ein bisschen streuen, allerdings müssen der Graben rechts und die Bäume links vermieden werden, will man mit dem dritten aufs Grün kommen.
Thül brauchte dazu, nach einem weiteren Eisen 1, ein Eisen 8 oder 9 und zu Zeiten des Amexco-Pokals war das Loch noch zwanzig Meter kürzer! Wenn man nicht gerade ein einstelliges Handicap hat, sollte man dieses Loch für sich als Par 6 angehen, dann ist man weniger unter Druck und kann auch die 5 wie einen Birdie feiern.
Die Schwierigkeit von Bahn 8, (Bild links) einem Par 4 mit einer Länge von 356 bzw. 320 Metern, besteht darin, dass man wegen des nach rechts verlaufenden Weges den Abschlag leicht nach rechts verzieht. Landet der Ball jedoch auf der linken Fairwayseite, ist der Schlag zum Grün mit einem mittleren Eisen nicht zu schwer, auch wenn auf der linken Seite wieder Bin Ententeich für Gefahr morgen kann.
Die Bahn 9, (Par 4 – 357/316 m – Vorgabe 3) ist für die Herren weitaus (rechts) schwieriger als für die Damen. Sie müssen nämlich von einem erhöhten Abschlag mit einem leichten Fade das Dogleg nach links überwinden, wollen sie sich die Chance erarbeiten, das Grün mit dem zweiten Schlag zu erreichen. Die Damen dagegen können sich mit einem geraden Schlag die gleiche Voraussetzung schaffen. Mutige Spieler werden versuchen, die Fahne über einen mächtigen Bunker zu erreichen, der vor dem Grün lauert; vorsichtigere werden auf die rechte Seite zielen, um dann mit zwei Pütts das Par zu spielen. Für viele Spieler sind die zweiten neun Löcher schwieriger zu spielen als die ersten, es sind aber auch die schöneren.
Die 10. Bahn, ein Par 4, mit seiner Länge von 336 bzw. 290 Metern bietet keine großen Schwierigkeiten (Bild rechts). Der Drive sollte möglichst mitten auf der Bahn landen, damit der mächtige Bunker rechts vor dem Grün nicht ins Spiel kommt. Ein mittleres oder kurzes Eisen müsste genügen, um die Fahne attackieren zu können.
Schwieriger wird es auf der 11, ebenfalls ein Par 4, das die beträchtliche Länge von 372 bzw. 338 Metern aufweist. Man sollte hier seine eigenen Möglichkeiten realistisch einschätzen, denn genau in Drivelänge zieht sich ein Bach quer über das Fairway. Wochenendgolfer sollten lieber vorlegen, um beim zweiten Schlag die Weiden links oder das Rough rechts zu vermeiden und dann mit dem dritten Schlag das Grün anzugreifen.
Auch die “12”, das 180/162 Meter lange Par 3, verlangt vor dem Abschlag taktische Überlegungen. Auf der Spielbahn links und auf beiden Seiten des Grüns warten angsteinflößende Bunker. Das Fairway ist eng und jeder Hook oder Slice signalisiert meistens Ballverlust.
Die Bahn 13 ist fast ebenso lang wie die “11” (376/334 m), ist aber mit Vorgabe 4 als schwieriger eingestuft. Die Grund ist wahrscheinlich das stufige Grün (das schwerste auf dem Platz), das von guten Spielern mit zwei, den höheren Handicapern mit drei Schlägen angespielt werden kann. Zur Erholung kommen dann zwei leichte Fünferlöcher hintereinander.
Die Schwierigkeit auf der “14” (455/405 m) besteht eigentlich nur in der Umgehung einer über hundert Jahre alten Eiche in der Mitte des Fairways beim zweiten Schlag,
Noch einfacher ist die kerzengerade, 448/400 Meter lange “15”, das mit Vorgabe 18 leichteste Loch des Platzes, zu bewältigen. Hier werden die meisten Birdies und Eagles gespielt. Doch dann wird es wieder ernst.
Die 16 ist mit 387 Metern für die Herren und 342 Metern für die Damen sehr lang und bietet alle nur erdenklichen Schwierigkeiten. Seine Vorgabe von 2 ist durchaus gerechtfertigt. Quer über das Fairway verläuft ein Bach (der vielleicht schon auf der “11” für Ballverlust gesorgt hatte).
Die Einstelligen werden ihn mit dem zweiten Schlag problemlos überwinden. Dafür droht ihnen aber Gefahr durch einen See auf der linken Seite, mächtige Bunker auf beiden Seiten des Grüns, Rough und ein Froschtümpel auf der rechten Seite. Schwächere Spieler haben hier die gleichen Probleme, nur können sie zusätzlich mit dem zweiten Schlag im Bach landen. Auch das Grün (Bild links) verlangt ein genaues Studium der Puttlinie. Ein Bogey ist hier für neunzig Prozent der Golfer ein gutes Ergebnis.
Viele Gäste meinen, dass die 17 die schönste Spielbahn auf dem Platz sei. Das Par 3 ist zwar nur 136 bzw. 120 Meter lang und hat zwischen zwei hohen Bunkern rechts und links nur eine enge “Einflugschneise”.
Auf diesem Loch wurden in Zählspielen schon viele Siegchancen ausgeträumt und bei Stableford-Wertung gibt es oftmals Streichergebnisse – nicht nur bei hohen Handicapern!
Die letzte Bahn 18, ein Par 5 von 486 / 414 Metern Länge, kann auch einem frustrierten Golfer die Freude an seinem Spiel zurückgeben.
Das leichte Dogleg nach dem Abschlag dürfte keine Schwierigkeiten bereiten, mit einem zweiten Holz und einem mittleren bis kurzen Eisen ist das Grün dann zu erreichen. Natürlich fehlen auch die Bunker rechts und links nicht, aber sie sind in den meisten Fällen nur eine Drohung.
Doch das nach vorn neigende Grün verlangt noch einmal volle Konzentration, dann ist es geschafft. Daten und Fakten:
Anschrift:
Golfclub Hanau-Wilhelrnsbad,
Wilhelmsbader Allee 32, 63454 Hanau,
Tel.: 06181 82071, Fax: 06181 86967,
Proshop: 06181 81775.
Restaurant Da Enzo 06181 995511, Fax 06181 87722 (montags geschlossen).
Platz:
Herren (gelb): 6095 m, CR 72,5, Slope 132, Par 73.
Herren (blau): 589 m, CR 71,3, Slope 129, Par 72. Damen (rot): 5402 m, Slope 134, Par 73,
Damen (orange): 5169 m, CR 73,0, Slope 130, Par 72. pikes erwünscht
Gäste: An Wochenenden nur in Begleitung von Mitgliedern.
Telefonische Anmeldungen erbeten.
Text & Fotos: Heinz Hattemer