Der Taunus tobt
Eine Begegnung mit dem Golf Club Hofgut Georgenthal
Seit Cervantes´ Roman „Don Quijote“ will die Klage nicht verstummen, wonach die moderne Welt dem Erdenbürger keine Abenteuer mehr böte.
Wer den Gegenbeweis antreten möchte, sollte sich zum Golfclub „Hofgut Georgenthal“ aufmachen.
Er liegt eine knappe halbe Stunden nord-westlich von Wiesbaden und badet in einem Tal, das von unberührter Natur, aber auch von ringsum ansteigende, waldreichen Bergen geadelt wird.
Das Hofgut alleine wäre schon einen Abstecher wert, ein Zehnthof aus dem Jahre 1692, gegründet von Graf Georg-August-Samuel von Nassau-Idstein , vor dem Verfall gerettet von Heinz Hankammer, dem Gründer und Eigentümer des Wasserfilter-Unterehmens BRITA, der es 1995 aufkaufte, aufwendig renovierte, um es zu einem feinen, kleinen Hotel samt Spa auszubauen. Sein Lebenstraum !
Wurde der Hof in früheren Zeiten eher gemieden, weil hier die Kirche den Landwirten des kleinen Weilers Hohenstein den sogenannten „Zehnten“ abknöpfte, so kommen heute insbesondere Golfer gerne in diese Gegend und aus dem Staunen nicht heraus.
Vor uns liegt der 2016 eröffnete Platz, der einem sprichwörtlich den Atem nimmt. Es ist einer der kühnsten, temperamentvollsten und Charakter stärksten Anlagen auf Deutschlands grüner Bühne und wir niemanden gleichgültig zurücklassen. Der Taunus tobt, tanzt und turnt. Eine Runde wie ein Hörsturz, unmittelbar, ergreifend, bisweilen auch schmerzlich.
Schon von weitem sind die 60 Bunker auszumachen, eigentlich riesige Skulpturen oder auch Tiefenbohrungn, mit zopfigen Rändern und flirrendem Flair, jeder eine Persönlichkeit für sich. Bessere Beispiele, auch strategischer Art, werden auf dem europäischen Festland schwer zu finden sein.
Verantwortlich für dieses Golf-Abenteuer und die Bändigung dieser fiebrigen Topographie – von Design will ich nicht sprechen, weil es mir zu filigran klingt – ist der noch junge Christian Althaus, der schon mit der Umgestaltung des Golf Clubs „Föhr“ für Furore sorgte und sich mit Reanimationen der Golf Clubs „Köln-Marienburg“, „Herzogwalde“ und „Lilienthal „ einen Namen gemacht hat.
Der ehemalige deutsche Hochschulmeister, der auch Erfahrungen in den USA gesammelt hat und seine Vorlieben für den klassischen britischen Links auch auf diesem Boden nicht leugnet, hat sich mit „Georgenthal“ endgültig in die erste Liga deutscher Golf-Architekten katapultiert.
Die Strecke „out“, ein furioses Auf und Ab, hat er sich zurecht gelegt, ohne in die vorhandenen Strukturen einzugreifen, ja sie noch mit Bildern gärender Rauheit, die nicht selten auch ins Ungestüme ausbrechen, untermauert.
Auf Komfortzonen darf man dabei nicht hoffen, dafür aber als Ausgleich kürzere oder nur mittellange Par 4 Löcher, speziell hier das 5.: ein bergab zu spielendes dogleg mit einem verborgenen „infinity Grün“ und einer herrlichen Düne im Hintergrund. Angeschlossen ein dramatisches Par 3 ausschließlich über Wasser mit einem wild geschnittenen Grün.
Überhaupt kann man sich auf den Puttflächen wund putten. Bisweilen hat man das Gefühl, Althof sei bei der Zeichnung der Grüns das Tintenfass umgekippt.
Als Höhepunkt in diesem Abschnitt gilt aber sicherlich das 9.Loch: bergab zu spielen, hat man am Ende stattliche 35 Meter Höhenunterschied gemeistert, ist hoffentlich einem querlaufenden Bach ausgewichen und hat schadlos das Grün geentert. Gefahrenpotential droht hier in Gestalt von gleich vier Teichen, wobei insbesondere das nasse Element in Verlängerung der Fahne den Score zerlegen kann.
Vorher sollte man aber unbedingt dem Auge ein erfrischendes Bad gegönnt haben: der Blick vom Tee aus über den Platz hinweg auf die dunklen Wälder, immer wieder unterbrochen von hellen Fluren im weiten Halbrund, ist bezaubernd.
Deutlich stärkere Erdung erwartet den Akteur im 2. Durchgang. Mehr Flow kommt nun ins Spiel, das Erzähltempo wird straffer, die eigentlichen Gefälle durch zwei feine Par (13.und 15.) weitgehend ausgebügelt. Besonders auf den Par 4, die Terrassen artig parallel zum Hang verlaufen und damit der Runde einiges vom Biss nehmen, gelingt es dem Architekten mit viel Rhythmusgefühl eine einheitlich wirkende Streckenführung durchzuziehen. Durchgekommen ist man aber erst dann, wenn man das von einem großen See bedrängte Grün am 18. schadlos erreicht und mit einem Putt, der auch schon mal 60 Meter(!) lang sein kann, nicht kentert.
Übrigens spielt man auf der Runde munter zwischen einst römischen und deutschem Gefilde hin und her: der Limes verlief einst hier genau entlang des Hofgutes. Ein entzückendes, kleines Museum im Nebengebäude zeichnet die Geschichte nach. Lea und Ursus erzählen auf einer Wanderung, die organisiert werden kann, vom Alltagsleben der Menschen in Zeiten der römischen Antike.
Mein Fazit für den Parcours: Einer wie keiner. Keine Schwachstellen?
Doch, aber die in Maßen. Die Wege von Loch zu Loch sind bisweilen arg lang, was dem Gelände geschuldet ist.
Die 9. Teiche einen Tick zu künstlich, die Löcher 10 und 14 ähneln sich wie Zwillinge und ohne Buggy geht einem bald die Puste aus.
Zum sportlichen Angebt zählen Driving Range mit teilweiser Überdachung, Coaching -Kabine mit Videoanalyse und TrackMan, nicht zuletzt drei Kurzlöcher und das ausufernde „Himalaya Fun Putting Green“, das sich Althof vom Old Course in St. Andrew´s abgeschaut hat.
Exquisite Erholung in paradiesisch anmutender Ruhe bietet das Hofgut Hotel mit 40 liebevoll im Landschaftsstil eingerichteten Zimmern, Spa mit Schwimmbad und Sauna, sowie Fitnessraum.
Entrückt-idyllischer Außenposten in einer der schönsten Ecken des Taunus, mit hohen Ansprüchen an eine optimale Gästebetreuung und Mitarbeitern, bei denen die sichtbare Freude an der Arbeit nicht zu kurz kommt. Mit dem Schwerpunkt auf regionale Produkte sorgt das Küchenteam im Restaurant „Georgios“ für kulinarisches Vergnügen.
Nach dem Tod ihres Vaters hat Brita Hankammer mittlerweile die Geschäftsführung übernommen.
Wie sähe die deutsche Golflandschaft aus ohne das Engagement und die Risikobereitschaft von privaten Investoren wie den Hankammers!
INFO: golfclub@hofgut-georgenthal.de
Text: Hans-Joachim Walter
Bilder: Copyright Geritt Kleinfeld , Ralph Doernte ,
Sandra Seibt und Website des GolfclubsCopy