St. Moritz
Coupe Kulm et Kronenhof
Ein Golfturnier der besonderen Art in einmaliger Umgebung
Wer die Lobby des auf der Belle Etage oberhalb der St. Moritzer Seen gelegene Haus betritt, taucht augenblicklich in eine andere Welt ein und wer neben höchstem Komfort auch Freude an Kulturgeschichte von Hotels hat, kommt hier voll auf seine Kosten.
Immerhin verkörpert das „Kulm“ seit mehr als 160 Jahren Schweizer Gastlichkeit, ohne Altersringe bekommen zu haben.
Ein Haus, das selbstbewusst seine vielen Jahre schultert und doch wachen Blickes in die Zukunft schaut. Rund 55 Millionen Schweizer Franken wurden in Erneuerung und Renovation des Hotels in den letzten Jahren investiert, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben.
Highlight dabei sind das 2.000 qm große „Kulm Spa“ und 21 neu gebauter Luxuswohnungen in der Residence II, vorgesehen für Langzeitaufenthalte.
Materialien wie Arvenholz und Naturstein holen nicht nur die Natur nach Drinnen, sondern fördern auch das Wohlbefinden.
Es duftet köstlich in den großzügig bemessenen Zimmern, die infolge Zusammenlegung nunmehr 164 betragen.
Bis zu 350 Angestellte bemühen sich in Spitzenzeiten um die illustre Gästeschar, darunter auch kürzlich ein gewisser Tiger Woods, der allerdings keine Pitchmarke hinterlassen hat.
Dass man sich trotz der immensen Dimensionen sehr persönlich und fast familiär betreut fühlt, liegt gewiss auch am erfahrenen Hoteldirektor Heinz E. Hunkeler und seiner ansteckend strahlenden Gattin Jenny, (Bild rechts) die allgegenwärtig sind.
Angefangen hat alles mit dem visionären Hotelpionier Johannes Badrutt, der im Jahre 1856 die Pension Faller pachtete, um sie als „Hotel Engadiner Kulm“ als erste Herberge im Ort zu eröffnen. Acht Jahre später erweckte er auch mit einer tollkühnen Wette den alpinen Wintertourismus zum Leben: den letzten Sommergästen versprach er auch im Winter blauen Himmel und klare Luft.
Sollten ihre Erwartungen nicht eintreffen, komme er für alle Kosten auf. Die Sommerfrischler erschienen, waren begeistert, blieben sogar länger als geplant, verbreiteten die Kunde vom fantastischen Bergwinter, und zahlten.
Badrutt´s Pioniergeist setzte sich auch mit der Installation von elektrischem Licht als Schweizer Novum fort, wofür er ein eigenes Kraftwerk konzipierte, sowie mit der Fertigung modernsten Abwasseranlagen.
Der Golfplatz
Das Turnier selbst wurde auf dem hoteleigenen „Kulm Golf St. Moritz“ ausgetragen, dessen Historie bis ins Jahr 1891 zurückreicht.
Durch Kriegswirren und anderer Ereignisse versank der Platz zwar wiederholt in grüner Asche , aber sein heutiges Design verdankt er einem Entwurf von Mario Verdierie von 2001. Eigentlich sind 9-Löcher- Executive -Courses nicht so mein Ding, weil auf ihnen das Schlagrepertoire doch arg begrenzt ist.
Aber diese Runde (Par 27) mit Löchern, die nie jenseits der 120 M Marke liegen, hat mich auf Anhieb entzückt.
Trittsicher ist Verdierie mit dem heiklen Terrain umgegangen, hat eine Partitur von beinahe perlender Italianita´ bewältigt und dem Boden exakt das entlockt, was er ihm „erzählt“ hat.
Eine Runde, die tanzen kann (aber immer im Takt) mit Grüns, die in Mulden lauern oder kleinere Höhenzüge nutzen.
Bereits der erste Abschlag erklimmt eine Höhenlage, von der der Blick auf die Seenplatte fällt und sich die Oberengadiner Riesen wie Corvatsch oder Piz Nair zur Begleitung versammelt haben.
Im Rücken grüßt der „schiefe Turm“ der einstigen St. Mauritiuskapelle, mit seinem romanischen Unterbau und seinem barocken Oberbau. Boshafte St. Moritzer erzählen, der Turm habe sich einst vor einer Jungfrau ehrerbietig verneigt und würde erst angesichts der nächsten Jungfrau wieder in die Senkrechte gehen….
Auch in der Folge schlägt die Partie Purzelbäume, strebt aufwärts, talwärts, dann gleich wieder in eine Schräge, als sei die Welt ein Würfelspiel, um endlich in einen märchenhaften Arvenwald einzutauchen, dem man sein Märchen noch nicht gestohlen hat (Löcher 4 bis 8). Wer in dieser Sequenz mit seinen hohen Eisen auf Kriegsfuss steht, kann zauberhaft scheitern. Fragen Sie nicht, wie ich darauf komme.Zu den Besonderheiten dieses Abschnitts gehört auch, dass die olympische Natur-Bobbahn das Gelände durchschneidet, während man auf dem Weg zum 9. Tee am Stadion der olympischen Winterspiele von 1928 und 1948 vorbeikommt, dessen Pressezentrum vom Fotografen Rolf Sachs bewohnt wird, Sohn von Gunter, einer der vielen schillernden Persönlichkeiten des Ortes.
Nach dem letzten Anstieg wartet das Restaurant Chesa al Parc darauf, den erschöpften Akteur zu erfrischen. Es gehört ebenso wie das Gourmetrestaurant „the K by Tim Raue“ oder der legeren „The Pizzeria“ zum Portfolio des Kulms.
Unter dem Motto „Dine Around“ können Hotelgäste auch bei Claudia Canessa peruanisch speisen oder ins Schwesterhotel „Grand Hotel Kronenhof“ nach Pontresina ausweichen, wo man dem Eispanzer des Morteratsch Gletschers gegenübersitzt.
Wer auf der Suche nach Historie noch nicht satt ist, begibt sich in den 110 Jahre alten Eispavillon im Kulm Park, der nach dem Umbau durch den Stararchitekten Lord Norman Foster ( u.a. bekannt für seine Kuppel über dem Reichstag) nunmehr unter dem Namen „Kulm Country Club“ fungiert.
Oben der Alberto Giacometti Grodon ParksZur Ski-Weltmeisterschaft 2017 wurden hier die Medaillen vergeben.
Und noch einen Kontakt zu einem großen Künstler gab es im Kulm. Alberto Giacometti der weltberühmte Schweizer Bildhauer, Maler und Grafiker der Moderne, der seit 1922 hauptsächlich in Paris lebte und arbeitete, ist in Borgonovo, einem Bergdorf im Bergell, nahe Stampa geboren. Er verdiente das Geld für das Studium u.a. als Caddy auf dem Kulmer Golfplatz.
Giacomettis bekannteste Werke sind die extrem langen, schlanken Skulpturen. Diese schuf er mit seiner subjektiven Seh-Erfahrung, die seine Plastiken nicht als körperhafte Nachbildung im realen Raum, sondern als ” imaginäre Bilder” verstehen lassen.
Dann fällt der Vorhang.
Text: Hans-Joachim Walter
Bilder: Kulm Hotel und Gordon Parks/Getty Images