Gleneagles King´s und Monarch´s Cours

Alt und neu gemeinsam sind eine Reise wert

Loch16Wenn, was wir einmal vermuten wollen, auch im Paradies ein Golfplatz für fromme Seelen zur Verfügung steht, dann müsste wenigstens ein Loch denen von Gleneagles ähneln.
Hinter dieser Adresse verbirgt sich mehr als ein Golfkomplex. Sie ist das Aushängeschild schottischer Inlandplätze, Flaggschiff britischer Luxusgastlichkeit und Wallfahrtsstätte nicht nur sentimentaler amerikanischer Gemüter.
Es ist ein verführerischer Ort. Wer ihn ansteuert, hat nicht die Strände Südeuropas oder die Sonne Floridas vor Augen. Er sucht die Einsamkeit und die unberührte Natur, aber von beidem nicht zu viel. Gleneagles ist geeignet, den Betrachter in Frieden oder gepflegte Melancholie zu versetzen. (Bild rechts
Blick auf das 16. Loch)
Wer einen Tag auf den Hügeln unterwegs und Wind und Wetter ausgesetzt war, belohnt sich mit dem feudalen Rückzug in eine komfortable Herberge.
So musste auch Donald A. Matheson gedacht haben, als er als Generaldirektor der Caledonian Railway Company den Einfall hatte, auf der Hochebene der Grafschaft Perthire das erste Golfresort seiner Art zu verwirklichen.

Da nichts dem Zufall überlassen werden sollte, wurde James Braid zitiert, den Kings Course, das Schmuckstück der Domäne, anzulegen. Sein geniales Talent für Raumregie und sein Gefühl für Proportionen konnte der fünffache Open-Champion auch hier zur Meisterschaft entfalten.

PlatzMan hat bei diesem Entwurf das Gefühl, eine Zeit lang schwereloser zu leben. Der Platz tanzt dem Hotelkomplex auf dem Kopf herum, wiegt sich majestätisch im auf- und abschwellenden Rhythmus des Weichbildes einer Umgebung, während ein ruheloser Wind die Heide, “die blaue Blume Schottlands” (Fontane), scheitelt und im Norden das Echo der Highlands spürbar ist (Bild links zwischen Bunkern zum 17. Grün).
Jeder trägt seine Idealkarte mit sich im Kopf herum. Er weiß um Ziele, wohin man entweichen könnte, wenn der Alltag lastet.
Gleneagles ist so ein Punkt auf dem imaginären Atlas. Als den “Anfang eines Durchbruches jenseits aller historischen Elemente” pries ausgerechnet der Kunstkritiker der Times 1919 die soeben fertiggestellte Anlage.
Was wir heute, übrigens beinahe noch im Original, sehen, ist jedoch kein bizarrer Ausbruch aus den bisher bekannten Grundrissen, sondern eine Kür geglückter Auseinandersetzung mit dem vorgegebenen Gelände.
Mit scheinbar müheloser, dennoch aussagekräftiger Brillanz erinnert die Runde an einen grünen Salon mit manchen Kabinettstücken. Die einzelnen Löcher verlaufen einer stilvoll geschwungenen Perlenkette gleich in den ihnen zugedachten Tälern oder münden in abgeschirmten Bergrücken. Gewebt aus Moos und Heide, eingerahmt von den Scottish Pines, stellt sich eine Aura geselliger Privatheit ein.

Loch 15 mit HotelDer King’s Course will den erwartungsfrohen Besucher nicht mit Bösartigkeiten verschrecken. Er eröffnet mit einem einladenden Prolog und schließt mit einem platztechnisch überzeugenden, hinreißenden Finish. Dazwischen wölbt sich alles, was Golfgeister in Atem hält.
“Het Girdle” etwa, so genannt, weil das Grün des ersten Par 3 einer umgekehrten Bratpfanne gleicht.
Neben “Kittle Kink”, dem famosen Dogleg am 7., genießt “Braid’s Brawest”, das 13., legendären Ruf. Der Drive muss zunächst einen quer laufenden Bergrücken, in den zwei typisch, tiefe Bunker eingefasst sind, überwinden. Der lange zweite Schlag vom Plateau-Grün gelingt nur, wenn man die Bunker im Frontbereich und an der linken Grünseite ignoriert.
Wer die mögliche Birdie-Chance am 14.verpasst, den trifft der Ausblick über Heide und Hügel hinweg nach Norden noch immer mit der Kraft des Ursprungs. Auch wegen eines solchen Panoramas muss man nach Gleneagles reisen. Das längste Loch kommt zum Schluss, eine offene, bergab galoppierende Strecke, die trotz ihrer 531 Yard keine Kerbe in die Scorekarte hauen sollte.
(Bild rechts Blick auf Loch 15 mit dem Hotel im Hintergrund)
 
FalknereiNatürlich ist mit dem “Kings” der Tag in Gleneagles noch nicht erschöpft. Wer weder reitet noch der Falknerei zugetan ist, wird entscheiden müssen, ob er Braids “Queen’s Course” mit seinem fabelhaften 6. Par-4-Loch und dem aufragenden Grün am 17. spielt oder sich Jack Nicklaus’ neuem “Monarch’s Course” zuwendet. Letzteren wird sicher keiner auslassen, zumal die einzigartige Gelegenheit geboten wird, die Entwürfe außergewöhnlicher Golfer verschiedener Generationen auf demselben Terrain zu studieren.
Nicklaus war sich bewusst, welche Tradition er da weiterführen musste. Es sollte ein großer Platz werden im Herzen Schottlands, dem Land, das der Welt den Golfsport schenkte. Es musste ein moderner sein, ohne mit der Landschaft und dem Geist des Spiels zu brechen. Es spricht indes viel dafür, dass sich der 20fache Major-Sieger an diese Vorgaben gehalten hat.
Der Parcours tanzt mit behenden Füßen und breiten Schultern mit dem malerischen Panorama um die Wette, er nimmt die Hügel ringsum an die Hand und hüpft mit ihnen durch anmutige Täler.

Wenn auch im pastoralen Abschnitt der Löcher 12 bis 15 Zugeständnisse gemacht werden mussten und der Vorrat an Ideen erschöpft schien, ist die intime Passage im Bereich 4 bis 8 so geglückt, dass auch der ältere Bruder neidvoll herüberblickt.
Alle Par 5 Nicklaus’ Favoritenlöcher überhaupt -, besonders das 16., “Lochan Loup”, sind Klassiker für sich: Ein Neuwerk von Bunkern begrenzt die rechte Seite im Drivebereich, der zweite Schlag muss gefühlvoll vor dem Cross-Teich platziert werden, um dann mit mittlerem Eisen das nach links hängende Grün zu erfassen.
Wie man angesichts der schön geformten Pot-Bunker, der Bergrücken von Ochil, Ben Shee und Ben Lawers von einer amerikanischen Filiale sprechen kann, bleibt unerfindlich. Spätestens wenn John McGillivrey, seit über 50 Jahren Portier auf Gleneagles, im hauseigenen Kilt den zurückkehrenden Spieler danach fragt, wie der Tag gewesen sei, sind letzte Zweifel weggewischt.
 

Der Bericht unseres ständigen Autors Hans Joachim Walter,
ist auch im Buch “Fairways in vier Jahreszeiten”
erschienen, ISBN 3405151430 BLV-Verlag
Fotos: Brian D. Morgan und Jürgen Metzger